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Städte für die klimatische Zukunft wappnen

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Von Trockenheit und Starkregen geplagte Städte ist das Zukunftsszenario der Wissenschaft. An der Fachtagung in Zürich zum Thema «Stadtklima der Zukunft» wurden die Gefahren von Starkregenereignissen erörtert und die Bedeutung detaillierter Informationen dazu dargelegt. Produktvorschläge und Planungsansätze für funktionierende und lebenswerte Städte im klimatischen Wandel rundeten das Weiterbildungsprogramm ab.

Von Trockenheit und Starkregen geplagte Städte ist das Zukunftsszenario der Wissenschaft. An der Fachtagung in Zürich zum Thema «Stadtklima der Zukunft» wurden die Gefahren von Starkregenereignissen erörtert und die Bedeutung detaillierter Informationen dazu dargelegt. Produktvorschläge und Planungsansätze für funktionierende und lebenswerte Städte im klimatischen Wandel rundeten das Weiterbildungsprogramm ab.

Die Schattenseiten des Regens

«Wer hatte nicht schon Regenwasser im Keller oder in der Garage», fragte Catherine Berger rhetorisch. Die Expertin für Naturgefahren bei geo7 AG in Bern rief dazu auf, sich auf Extremereignisse vorzubereiten, denn im Nachhinein kämen Instandsetzungen teurer. Die Indikatoren, dass Klimawandel stattfinde, seien belastend. So hat die Häufigkeit von Starkniederschlag seit 1981 um 26% und deren Intensität um 12% zugenommen. Der Anstieg von Winterniederschlag hat sich seit 1861 um rund 25% erhöht, während Schneetage bei Höhenlagen bis 800 m seit 1970 um 50% abgenommen haben!

Oberflächenabfluss ist ein Teil des Niederschlages, der unmittelbar über die Bodenoberfläche abliesst. Ist diese offen und begrünt, ist der Abfluss grundsätzlich tief, da viel Regen versickert oder verdunstet. Umgekehrt erhöht sich dieser signifikant bei einem hohen Anteil an versiegelten Flächen, wie im urbanen Raum. Bei gefrorenen Böden oder einer Kombination des Niederschlages mit Hagel ist nicht der Mensch, sondern die Natur Verursacherin einer gestörten Versickerung. Bei Starkregenereignissen können nicht bloss Schäden an Infrastruktur und Gebäuden enorm sein, auch birgt Oberflächenabfluss bereits bei geringen Tiefen grosses Risiko. So haben bereits 15 cm fliessendes Wasser die Kraft, einen Menschen um- und 55 cm die Wucht ein Auto wegzureissen. Bloss wenige Zentimeter Überflutung genügen, und eine Tür lässt sich nicht mehr von Hand öffnen. Jedoch kann genügend Wasserdruck Fenster und Türen aus den Angeln reissen und Räume innert Sekunden überschwemmen, wusste die Referentin. Es sei deshalb zentral, sich immer zu überlegen, wie man Leben nicht gefährdet. Das fängt bereits bei der Planung an.

Werkzeugkiste für besseren Schutz

Um zu verstehen, was passieren kann, sind diverse Kenngrössen und Informationen notwendig. Die massgebenden Parameter, um Oberflächenabfluss gut managen zu können, sind die Kenntnisse der Regenintensität und -dauer, der beregneten Fläche mit ihrer Infiltrationskapazität sowie die Kenntnisse über den Abflusswert und der Fliess- sowie Anstiegsgeschwindigkeit. Auf der Gefahrenkarte «Wasser» des Geoportals können Planende erfragen, ob ihr Projekt in einem potentiellen Überschwemmungsgebiet liegt. Wollen sie zudem wissen, ob sich das Wasser bei einem Starkregen den Weg über ihr Bearbeitungsperimeter nimmt, so findet sich diese Information in der Gefährdungskarte «BAFU Oberflächenabfluss» unter www.map.geo.admin.ch. Diese gibt den erwarteten Oberflächenabfluss in l/s pro 5 Minuten an. Weitere Hilfsmittel sind die SIA Norm 261/1, die SN 592 000 und die Plattform www.schutz-vor-naturgefahren.ch.

Um zu wissen, was geschehen darf, müsse das einzugehende Risiko, der Wert des Werkes und seine Verletzlichkeit sowie die Wahrscheinlichkeit eines Schadenereignisses gegenübergestellt und bewertet werden, meinte Berger. Erst dann könnten die erforderlichen Schutzmassnahmen gezielt angegangen werden. Dazu gehören bspw. Entwässerungen durch Terraingestaltungen, erhöhte Kellerabgänge und Lichtschächte, sowie Rückstauverschlüsse, etc. Eine gute Abstimmung aller «Werkzeuge» sei bereits die halbe Miete die Gefahr zu bändigen – in einer Welt, in der nicht nur die Zunahme der Niederschläge, sondern auch die Zunahme der Siedlungsflächen und die Verletzlichkeit der Bausubstanz zur Herausforderung wird. 

Resiliente Städte

Die Verwerfungen durch den Klimawandel seien auch eine Chance, unsere Städte neu zu denken, meinte Gerhard Hauber von Henning Larsen GmbH. Denn wir wüssten genau, was wir tun müssten, um die «Klimamaschine» der Natur in die Städte zu bringen. Nämlich Biomasse, Verdunstung, Retention, Versickerung, Luftreinigung, Kaltluft-entstehung, u.v.m. fördern. Die Schwammstadt, resp. die blau-grüne Stadt sei das konkreteste Konzept, das wir derzeit haben, um klimaangepasste Lebensräume zu entwickeln. So sieht Hauber im Strassenraum, abseits der Hauptverkehrsachsen, Möglichkeiten sowohl Starkregen zu managen, wie auch Aufenthaltsqualität zu schaffen. Anhand eines konkreten Projektes führte er aus, wie der bestehende Standart-Querschnitt einer Quartierstrasse zugunsten der Bäume und dem Langsamverkehr modifiziert wurde. Beidseits der Strasse wurden Trottoir und Baumrabatten verbreitert, die Fahrbahn wurde um einen Velostreifen ergänzt, dafür wurden Längsparkplätze geopfert. Dadurch konnte der Wurzelraum signifikant erweitert und durch Baumrigolen den Bäumen gespeichertes Wasser für längere Zeit zur Verfügung gestellt werden. Denn die effizienteste Massnahme zur Kühlung von Städten sind grosse Wurzelräume. Solche Nebenstrasse könnten zudem so ausgestaltet werden, dass Fahrwege und Pflanzflächen zur Überflutungszone werden, die erhöhten Gehwege bleiben aber Sicherheitszone. Dadurch erhält man ein enormes Volumen an Abflusskapazität, wie Beispiele aus Kopenhagen zeigen.

Entwässern und Versickern mit innovativen Produkten

Im städtischen Bereich lässt sich nicht immer in Vegetationsflächen entwässern, wusste Stefan Grünig von BG-Graspointner AG aus Lyss. Für das Auffangen, Speichern, Reinigen, Kontrollieren und Ableiten von Regenwasser liefern sie diverse nachhaltige FILCOTEN Entwässerungsprodukte aus hochverdichtetem Beton (HPC). Nachhaltig sind sie nicht nur in ihrer technischen Funktion, sondern auch in ihrer Herstellung. Die Produkte werden umwelt- und ressourcenschonend, möglichst CO2-neutral produziert. Am Ende ihrer langen Lebensdauer sind sie 100% recyclingfähig, da sie auf rein mineralischer Basis ohne Einsatz von Kunststoffen erstellt wurden.

Mit dem Klimastein AQUAKLIMA SL zündet Tschümperlin AG in Zusammenarbeit mit Birkenmeier GmbH die nächste innovative Pflastersteingeneration. Das Thema Farbe spielt dabei eine wesentliche Rolle. Denn helle Farben erhitzen eine Umgebung weniger auf als dunkle, erklärte Dominic Besmer, Verkaufsleiter bei Tschümperlin. Die Farbpalette der AquaKlima-Familie wird denn auch mit einem eigenen SRI-Wert versehen. Dabei wird die relative Temperatur einer Oberfläche in Bezug auf eine weisse (SRI = 100) und eine schwarze Standardoberfläche (SRI = 0) unter Standardbedingungen gemessen. Je heller, desto besser der SRI-Wert. Eine Minifase am Pflaster sorgt für guten Rollkomfort und ein geschlossener Vorsatz für höhere Beständigkeit. Der haufwerksporige Kernbeton liefert Speichervolumen und unterstützt die Sickerfähigkeit der Fugen, die durch Verbundnocken definiert sind. Eine Fugenverfüllung und Nachfüllung nach einem ½ Jahr sei notwendig, um Deformierungen und Kantenpressungen bei Verkehrsbelastungen zu verhindern. Verfüllt wird mit Feinsplitt 1-2 mm bei 5 mm Fugen (max. Korn- Ø = ½ Fuge).

Kühlende Dächer für heisse Städte

Auf einem nackten, abgedichteten Flachdach könne es bis 80° heiss werden, bemerkte Christoph Harlacher, Geschäftsleiter bei Zinco AG. Hingegen lobte er die Retentions-Gründächer als echte «Hotspot-Kühler». Denn unter der Vegetationsdecke sorgt ein Drainageelement mit wählbarer Stärke für zusätzliches Speichervolumen. Mit einer Retentionsdrossel über dem Dachablauf lässt sich das Wasserniveau zusätzlich steuern. Dadurch verbleibt das Wasser länger für die Bepflanzung zur Verfügung. Durch die Evapotranspiration kühlt sich die Umgebung merklich ab. Hundert Quadratmeter Retentionsgründach mit einem EcoVap-Aufbau von 60 mm verdunsten die Menge von 500 l/Tag, die Grössenordnung eines ausgewachsenen Stadtbaumes. Eine herkömmliche Extensiv-Dachbegrünung liegt bei einem Wert von bloss maximal 50 l/Tag. Durch den zeitverzögerten Abfluss, werden darüber hinaus Verkehrswege und Kanalisation bei Starkregen entlastet.