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Immer öfter Boule spielen

|   Garten- und Landschaftsarchitektur

Boule spielen erfreut sich in unserem Land seit längerem steigender Beliebtheit. Vom Flair südlicher Entspanntheit lassen sich die geradlinigen SchweizerInnen derart gerne anstecken, dass sogar auf Dächern Raum fürs Kugel werfen entsteht – ganz ungezwungen und gelöst, wie es sich für dieses Spiel eben anschickt.

Es erscheint wie ein Widerspruch. Herr und Frau Schweizer wird nicht nachgesagt, im Alltag Mussestunden unter freiem Himmel mit entspanntem Boule-Spielen in geselligen Gruppen geniessen zu können. Dieses Talent ist eher der südeuropäischen Bevölkerung aus erster und zweiter Generation in unserem Land vergönnt. Als ob die blosse Präsenz chaussierter Flächen innere Ruhe erzeugte, wird des Öfteren nach solchen Plätzen nachgefragt, auch wenn der Deutschschweizer selber selten eine Kugel wirft. Dafür nutzt er diese Freiräume auf seine Art, wie sich im Folgenden erfahren lässt.

Definitionen

Im Beratungsgespräch herrscht häufig ein Begriffswirrwarr, da die verschiedenen Kugelspiele eng miteinander verbunden sind. Sie unterscheiden sich insbesondere im Material, Gewicht und Durchmesser der Kugeln, sowie in der Differenzierung der Spielregeln. Neben dem Boule Lyonnaise und dem Jeu Provençal, die mit Anlauf gespielt werden, gehört Pétanque zu den populärsten Kugelspielen. Im deutschen Sprachraum werden für die korrekte Bezeichnung Pétanque umgangssprachlich die Begriffe «Boule» oder «Boccia» verwendet, mit denen meist das von den Franzosen auf öffentlichen Plätzen ausgetragene Freizeit-Kugelspiel assoziiert wird. Wettkampfmässig spielt sich Pétanque auf einer Bahn von 15 x 4 m mit umlaufender Einfassung. Für den Breitensport ist der umlaufende Randabschluss optional und die Dimensionierung beläuft sich auf 12 x 3 m. Der einfache Anwender spielt Pétanque oder eben sein Boule-Spiel frei im Gelände auf geeigneten Plätzen (Terrain libre). Allen Varianten gemein sind die wassergebundenen Decken als ideale Oberflächen.

Vom Wert der Buchsbaumwurzel

Die Garigue, eine mediterrane Steppenlandschaft mit niedrigem Buschwerk, überdeckt weite Teile schotteriger und felsiger Landschaften in den Alpes-de-Haute-Provence. Hier fanden seit dem 16. Jahrhundert die Drechsler von Aiguine ihren Rohstoff für die Produktion von Boule-Kugeln zwar in Hülle und Fülle, doch er musste mit Schweiss und einer guten Portion Risiko an den steilen Hängen über den Verdonschluchten gewonnen werden. Die Buchsbaumwurzel wurde geschätzt für ihre Kompaktheit und Widerstandsfähigkeit gegen Schläge beim Pétanque-Spiel. Um diese Eigenschaften noch weiter zu erhöhen, wurden ab dem Ende des 19. Jahrhunderts die gedrechselten Holzkugeln mit 500 bis 1000 eng anliegenden, eisernen Nägeln spiralförmig übersät. «La boule cloutée en racine de buis», gilt als Vorfahre der heutigen metallenen Boule-Kugeln und trug dem beschaulichen Bergdorf Aiguine bis Mitte des 20. Jahrhunderts ein hohes nationales Renommee ein – kein Wunder, wurden doch seine Kugeln an den königlichen Höfen der Grande Nation zum Spiel verwendet. Im musée des tourneurs sur bois (https://museedestourneurssurbois.com) finden sich wertvolle Informationen.

Kombinierte Nutzung

Er liess sich nicht umstimmen! Der Bauherrenvertreter eines international tätigen Konzerns träumte von einer Boule-Bahn auf seiner Dachterrasse im 7. Obergeschoss. Diese Idee setzte er für die Angestellten der Firma gegen alle Einwände der Planer und des ausführenden Gartenbauers durch. Da die Dachterrasse aber auch viel Platz für Kundenanlässe bieten sollte, liess man den Gedanken fallen, die Boule-Bahn isoliert nur als Spielfläche zu betrachten. Boule-Flächen sind nämlich gut multifunktional nutzbar. So wurde diese als erweiterter Sitzplatz geplant, mit bloss dreiseitiger statt umlaufender Einfassung. Die metallenen Einfassungswinkel wurden mit Holz verkleidet. Einerseits erzeugen die Schläge der Kugeln so angenehmere, dumpfe Töne. Die Lattierung lehnt sich andererseits an jene des Sitzmobiliars. Für die wassergebundene Decke fiel die Wahl auf einen Stabilizer, da die Palette für das Farbkonzept weiter gefasst ist. Durch den Einsatz natürlicher Bindemittel sind die Oberflächen widerstandfähiger, weniger staubig und der feinkörnige Aspekt bleibt länger erhalten. Die unter der Deckschicht liegenden Aufbauten wurden nach SIA 318 Kapitel 2.4.5 gut wasserdurchlässig geplant.

Ähnlich verhielt es sich bei einem Projekt für einen steilen Hanggarten. Das Boule-Spiel wird auch hier, eher selten praktiziert werden. Trotzdem wurde eine ganze terrassierte Ebene als Boule-Bahn ausgestaltet. Die Leere gibt dem Garten eine zusätzliche Weite, bevor er hinter dem Gräserband wieder steil abfällt. Trotz Leere wirkt der Raum durch das bewusste Abstimmen der Farben in einer stillen Intensität. Der Anthrazit des Stabilizer-Belages harmoniert mit dem dunklen Ocker der Ähren und dem hellen Beige der Mauerverkleidung. Letztendlich liesse sich statt Kugelspielen an heissen Sommertagen auch mal ein Wasserbecken aufstellen.

Der Gedanke Boule-Flächen multifunktional zu nutzen ist eigentlich naheliegend, aber oft ist es erst die Auseinandersetzung, die das Bewusstsein schärft.